Zur ersten Stadtratssitzung nach der Sommerpause legte die Verwaltung 14 Beschlussvorlagen und 8 Beschlussanträge zur Entscheidung vor. Darunter unsere Anträge zum Wildtierverbot (gemeinsam mit LINKE und SPD) und die Prüfung der Wiedereinrichtung des Brunnens der Jugend (gemeinsam mit LINKE).
Die Oberbürgermeisterin informierte zu Beginn der Sitzung über die Situation zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen, den Baufortschritt beim Technischen Rathaus und zur geplanten Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2025. Diese Bewerbung sollte auf der Grundlage dessen eingereicht werden, was man zu leisten imstande ist und nicht, was man sich leisten kann. Bevor der Stadtrat darüber entscheidet, soll noch eine Bürgerbeteiligung durchgeführt werden.
Der erste Beschluss des Tages war die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Dr. Peter Seifert. Er war von 1992 (1993 das erste Mal direkt gewählt) bis 1996 Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz.
Ein Aufreger der letzten Wochen war die geplante Änderung der Grünanlagensatzung. Hierzu reichten wir (mit LINKE, SPD und Vosi/Piraten) einen Änderungsantrag ein, der das geplante Ballspielverbot und die Ausweitung des Alkoholverbots aushebelte. Christin Furtenbacher: „Wir sprechen in einem fort von Innenstadtbelebung.… Die Ansiedlung von Geschäften allein macht noch keine lebendige Innenstadt aus. Sondern es braucht vor allem Menschen dazu…“ Sie führte weiter aus, dass Verbote für die Probleme dort keine Lösung sind. Sie verdrängen diese nur aus dem Blickfeld. Nach anderthalbstündiger Debatte fand unser Antrag mit 33 Ja und 22 Gegenstimmen eine Mehrheit.
Ein weiterer Beschluss hatte seinen Ursprung in einer Grünen Initiative: Im Oktober 2015 beschloss der Stadtrat die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED. Hierzu legte die Verwaltung nun ein Konzept zum Beschluss vor. Thomas Lehmann lobte: „So schnell erlebt man das im öffentlichen Verwaltungsapparat selten…“ Er erwähnte auch das Problem der Lichtfarben, zeigte sich aber zuversichtlich, dass der Grüne Baubürgermeister, die Verwaltung, eins enregie und die Stadträte sich auf verschiedene Farbvarianten je nach Einsatzbedingungen einigen werden. „Als Großstadt gehen wir jetzt den Weg eines Vorreiters in Deutschland. Das sollten wir selbstbewusst und verantwortungsvoll tun und unser Licht nicht unter den Scheffel stellen.“
Die Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich Plauer Straße im Ortsteil Euba war ebenfalls eines der von uns angeregten Themen. Mit dieser Änderung sollte der Bestand des Reiterhofs dort gesichert werden, für den sich viele Eubaer – vor allem auch Kinder – stark gemacht hatten. Der Ortschaftsrat Euba warf uns eine Schädigung der Stadt vor, weil damit Bauerwartungsland abgewertet würde. Allerdings war in den vergangenen 20 Jahren niemand interessiert, dort zu bauen. Bernhard Herrmann erklärte, dass dem Ortschaftsrat versprochen worden war, im Gegenzug die Bebauung im Ortskern zu verdichten. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen dafür wurden geschaffen. Bernhard Herrmann: „Die Menschen vor Ort wollen den Reiterhof.“ Und worum sollte es sonst gehen, wenn nicht um die Menschen vor Ort?
Unser gemeinsamer Beschlussantrag (mit LINKE und SPD) gegen die zur-Schau-Stellung von Tieren in Chemnitz, soll die Verwaltung ermächtigen, Zirkussen mit Dressuren von Wildtieren keine öffentlichen Plätze zur Verfügung zu stellen. In der Debatte führten vor allem die Rechtsbedenkenträger das Wort und es wurde uns auch die Behinderung der Zirkustradition vorgeworfen. Christin Furtenbacher erklärte daraufhin, dass Zirkus viel mehr sei, als Tierdressur.
Ebenfalls eine Mehrheit fand unser gemeinsamer Antrag mit der LINKEN zur Wiedererrichtung des Brunnens der Jugend aus dem Jahr 1974. Auch hier wurde im Vorfeld geunkt, wir wollten die sozialistische Innenstadt wiederbeleben und dergleichen mehr. Bernhard Herrman stellte klar, dass Ronald Paris kein Hofmaler des Zentralkomitees war und dass es sich bei dem Kunstwerk nicht um sozialistischen Realismus, sondern um europäischen Stil handelt. Eingeweihte wissen natürlich, dass die Auseinandersetzungen zwischen Reformern und Hardlinern in der DDR vor allem auch auf dem Gebiet der Kunst und Kultur ausgetragen wurden.
Kopfzerbrechen bereitete uns der Beschlussantrag der Fraktionsgemeinschaft CDU/FDP zur Errichtung einer Gedenkstätte für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft. Petra Zais vermittelte in einer brillanten und teilweise auch sehr persönlichen Rede die handwerklichen Fehler des Beschlussantrags einerseits und unsere Position zum Gedenken an die Opfer andererseits. Die Debatte kann man unter http://chemnitz.de/chemnitz/de/buerger-rathaus/stadtrat/uebertragung/index.html ab 3:26 im Detail verfolgen. Es lohnt sich!