B-081/2024 Benennung der neu entstandenen privaten Ringstraße in Chemnitz, Stadtteil Altchemnitz, mit der Bezeichnung „Pockauer Straße“
Haben wir keine wichtigeren Themen, als Straßennamen, mit denen wir uns in diesem Stadtrat beschäftigen sollten? Nein! Denn es gibt hier offenbar zu viele Personen mit einem antiquierten Frauenbild, die die Entscheidungsverfahren in unserer Stadt steuern. Gleichzeitig reden wir hier nicht nur über ein Anliegen zur Gleichstellung von Frauen. Sondern wir reden auch – wieder! – über die Frage, wie hier mit Stadtratsbeschlüssen umgegangen wird.
Mit dem Beschluss BA-002/2017 hat der Stadtrat sich selbst verpflichtet, die Anzahl weiblicher Straßennamen zu erhöhen. Nach 7 Jahren wird uns entgegnet, dass es dem Stadtrat nicht möglich sein soll, diese Selbstverpflichtung umzusetzen. Wir sind schlicht und ergreifend nicht Herr des Verfahrens, sollen am Ende den Verwaltungsvorschlägen zustimmen, die Stadtratsbeschlusslage ignorieren und sollen daran gehindert werden Änderungsvorschläge zu machen.
Der vorliegende Beschlussvorschlag ist ein markantes Beispiel dafür. Nach Abstimmung mit der AG „Straßenbenennung“ schlägt die Verwaltung vor, die neue private Ringstraße mit der Bezeichnung „Pockauer Straße“ zu benennen. Das ist in doppelter Hinsicht schwierig. Zum einem wird der Beschluss aus 2017 erneut ignoriert, zum anderen ist es noch nicht einmal möglich, einen weiblichen Namen vorzuschlagen. Unser Änderungsantrag, die Straße nach Barbara Uthmann zu benennen, wollte die Geschäftsstelle des Stadtrates nicht annehmen, weil mit der abschließenden Bezeichnung des Beschlussgegenstandes der Straßenname bereits zementiert wurde. Vor dem Hintergrund all dieser Absurditäten wundert es Sie nun sicher nicht, dass wir diese Ablehnung unseres Änderungsantrages ignorieren und diesen hiermit abermals doch einbringen.
Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Entweder die Verwaltung zieht die Vorlage zurück und macht einen Vorschlag, der dem Beschluss des Stadtrates aus 2017 entspricht oder es wird eine Reihe von Ablehnungen und Enthaltungen geben. Denn Sie können nicht erwarten, dass wir zum wiederholten Male gegen unsere eigenen Beschlüsse abstimmen, nur weil diese von der Verwaltung nicht ernst genommen werden.
Es gibt zwar ein komplexes Ablaufschema, wie wir zu einem Benennungsvorschlag kommen, aber letztendlich müssen wir im Stadtrat entscheiden und da wäre es hilfreich, die Maßgaben des Stadtrates auch zu berücksichtigen. Es kann ja im Einzelfall nachvollziehbare Gründe geben, keinen Frauennamen zu verwenden. Ich erinnere an die Diskussion um die Benennung des Artur-Weiner-Platzes. Da waren hier zwar auch nicht alle glücklich, aber es gab zumindest eine inhaltlich nachvollziehbare Argumentation, von der Maßgabe des Stadtrates abzuweichen.
Bei der heute vorliegenden Benennung muss die Frage erlaubt sein, ob das Argument, dass die Straßen in der Umgebung auch schon nach Orten im Erzgebirge benannt sind, wirklich gewichtig ist. Nur weil es in der Vergangenheit so gemacht wurde, gibt es ja keine historisch begründbare Notwendigkeit, im Gebiet nun alle neuen Straßen nach Orten im Erzgebirge zu benennen. Auch die Tatsache, dass die Straße bereits seit Jahren vorläufig als Pockauer Straße bezeichnet wird und offenbar eine Person sich bereits mit dieser vorläufigen Adresse angemeldet hat, ist kein hinreichender Grund, den Ratsbeschluss von 2017 zu missachten.
Ich möchte Ihnen daher noch mal unseren Vorschlag Barbara Uthmann nahebringen. Wir können den Vorschlag der Verwaltung ja auch zurückweisen mit der Aufgabe, einen weiblichen Namen vorzuschlagen.
Auf der nach dem Beschluss 2017 entstandenen Vorschlagsliste mit den weiblichen Personen, steht Barbara Uthmann drauf. Die Bezeichnung einer Straße nach ihrem Namen wäre
• eine Referenz an eine große Unternehmerin aus dem 15 Jahrhundert, eine Person, die schon zur damaligen Zeit dafürstand, dass das Erzgebirge und Sachsen Teil globaler Wirtschaftsbeziehungen ist,
• eine Referenz an die Region, an Annaberg, an die Montanregion,
• und nicht zuletzt eine Referenz an sozial verantwortungsvolles und erfolgreiches Unternehmertum.
Sie hat nicht nur die Kunst des Klöppelns zu wirtschaftlicher Blüte gebracht, sondern auch die Saigerhütte Grünthal, dem Herz der Montanregion fast 20 Jahre betrieben. In ihrer Biografie finden sich zahlreiche Bezüge zur Stadt und spannende Geschichten, die es lohnen, sie zu erzählen. Agricola war ihr Onkel, Mutter Ottilia Arnold stammt aus Chemnitz und wirkte hier. Auch für die Pflege der aktiven Verbindung zwischen Annaberg-Buchholz und Chemnitz wäre eine solche Benennung ein schöner Anlass. Wir meinen, es wäre ein guter Kompromiss, der sich in die Umgebung der Straßenamen mit Erzgebirgsbezug einfügt und gleichzeitig dem Beschluss aus dem Jahr 2017 gerecht wird. Wir glauben, dass auch die Eigentümer im Gebiet sich mit einem solchen Vorschlag anfreunden können, auch wenn sie jetzt immer von einer Benennung in „Pockauer Straße“ ausgegangen sind.
Letztendlich muss der Stadtrat entscheiden, ob er das heute erneut einfach hinnimmt, dass seine Beschlüsse keine Rolle spielen. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.
– es gilt das gesprochene Wort –