Redebeitrag von Joseph Israel, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Grundsatzbeschluss zur Liquidation der Chemnitzer Tourismus und Marketing GmbH im Stadtrat vom 11.12.2024
– es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
ich muss sagen, als ich die Nachricht gelesen habe, dass die CTM nun abgewickelt und liquidiert werden soll, war ich schon sehr überrascht. Als die städtische Gesellschaft damals gegründet wurde, tat man das, weil die Wirtschaftsförderung direkt im Rathaus als „ineffizient“ eingestuft wurde. Jetzt hatten wir über eine lange Zeit eine städtische Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft, des Tourismus und des Stadtmarketings. In dieser Zeit haben wir als Stadt viele Erfolge feiern können. So war der Bewerbungsprozess zur Kulturhauptstadt Europas 2025 in der Organisation der damaligen CWE. Dass wir uns hier und jetzt auf das bevorstehende Kulturhauptstadtjahr freuen dürfen, liegt an dem großen Engagement der Bürgerinnen und Bürger, der Vereine, der Zivilgesellschaft. Aber auch ganz zentral und vorrangig an der großartigen Arbeit der engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der CWE bzw. CTM. Dass diese leidenschaftliche Arbeit und der Einsatz dieser Menschen durch die öffentliche Äußerung über „personelle Schwierigkeiten“ durch den Oberbürgermeister kommentiert wurde, ist schade und entspricht nicht dem Engagement der Mitarbeitenden.
Nun bestand der Wunsch, die Wirtschaftsförderung wieder ins Rathaus zu holen und aus diesem Grund wurde der Geschäftsbereich Wirtschaft hier im Rathaus geschaffen. Ich möchte dieser Struktur jetzt hier gar nicht ihre Legitimation absprechen. Es gibt sicherlich Vorteile einer städtischen Wirtschaftsförderung. Doch wir müssen feststellen, dass dieser Prozess nicht konsequent gegangen wurde. Als diese Umstrukturierung damals vorgenommen wurde, hat man es verpasst, einen tatsächlichen Prozess anzustoßen. Einen Prozess für eine Tourismus- und Marketingstrategie der Stadt Chemnitz, welcher Ziele für diese wichtigen Bereiche festhält. In diesem Prozess hätten die Akteure und die Stadt gemeinsam darüber beraten können, welche Strukturen notwendig sind, um die Ziele zu erreichen. Diese Chance wurde verpasst.
Die Verschlankung und Vereinfachung der Prozesse, das Nutzen von Synergien, eine effiziente Aufgabenerledigung, die Vermeidung von Mehrfachzuständigkeiten – all das sind richtige Ziele. Dennoch ist es wenig verwunderlich, dass hier Doppelstrukturen bestehen, wenn diese seitens der Stadt selbst geschaffen wurden. Auch dass die jetzige Gesamtsituation nicht ideal ist, ist angesichts der Tatsache, dass der damaligen CWE das Kerngeschäft weggenommen wurde, nicht nur unfair, sondern auch unlogisch.
Unlogisch ist unserer Meinung nach auch, dass der Schritt der Liquidation – der ja durchaus auch eine Erkenntnis in einem gemeinsamen Prozess hätte sein können – nun ohne einen eben solchen Prozess gegangen werden soll. Denn ob die Liquidation diese Ziele am besten erfüllen kann, kann ja erst am Ende solch eines Prozesses eingeschätzt werden. Hier wurde der zweite Schritt vor dem Ersten getan. Aus diesem Grund werden wir dieser heutigen Beschlussvorlage nicht zustimmen.
Vielen Dank!