Am 28.05.2018 fand sich auf Einladung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Stadtrat Chemnitz ein rege interessiertes Publikum im Umweltzentrum ein, um den Ausführungen von Petra Zais (Sprecherin für Bildung und Sport BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im sächsischen Landtag), Doreen Taubert (Gemeinsam länger lernen in Sachsen e.V.), Marko Rößler (Gute Schule e.V.), Michael Stötzer (Baubürgermeister von Chemnitz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Tobias Tannenhauer (Mitglied im Schulausschuss BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Stadtrat Chemnitz) zuzuhören und mitzudiskutieren. Einer repräsentativen Umfrage vom Juni 2017 zu Folge sprechen sich über 60% der Sachsen gegen die übliche Aufteilung der Kinder nach ihren Leistungen aus und befürworten ein längeres Verbleiben im ursprünglichen Klassenverband.
Wie Petra Zais aufzeigte, wurde mit dem neuen Schulgesetz in Sachsen leider die Chance versäumt, das längere gemeinsame Lernen rechtlich zu verankern und es somit dem alt hergebrachten staatlichen Schulsystem gleichzustellen. Das optionale Modell der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhielt im sächsischen Landtag keine Mehrheit. „Ziel des Modells ist es, das längere gemeinsame Lernen zu ermöglichen, wenn eine Schule diesen Weg gehen will. Es soll aber nicht eine Lernform durch eine andere ersetzt werden“, so Zais. „Die Landtagsparteien SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen sich auch weiterhin gemeinsam für Gemeinschaftsschulen einsetzen“, so die Bündnisgrüne.
Noch in diesem Jahr soll laut Doreen Taubert von Gemeinsam länger lernen in Sachsen e.V. ein Volksantrag gestellt werden. 40.000 Unterschriften werden benötigt, um eine Beratung zu dem Gesetzesentwurf im Plenum des sächsischen Landtags zu erwirken.
In Chemnitz gibt es eine in Gründung befindliche Schule, deren Initiatoren nicht auf die Einführung eines Gesetzes warten wollen – die Gute Schule e.V. will gemeinsames Lernen von der 1. bis zur 10. Klasse, offen für jedes Kind/jeden Jugendlichen, anbieten. „Dem hohen Leistungsdruck und der Schulabbrecherquote von rund 10 % in Sachsen will die Initiative aus Eltern und Pädagogen mit ihrer Schulform etwas entgegensetzen“, so Marko Rößler vom Verein Gute Schule e.V. Die Schüler sollen lernen, sich gegenseitig beim Lernen zu unterstützen – das fördert die Motivation und führt zur Verbesserung der Leistungen. Doreen Taubert, langjährige praktizierende Lehrerin, lobte die sozialen Fähigkeiten von Gemeinschaftsschülern aus eigener Erfahrung.
Unser Stadtrat Tobias Tannenhauer will die Initiative der Gute Schule e.V. unterstützen: „Ich sehe im Leistungsdruck bereits ab der 3. Klasse an den üblichen staatlichen Schulen eine Gefahr, da er ein hohes Maß an Stress für die Familien mit sich bringt. Außerdem werden Initiativen wie die Gute Schule e.V. in Zeiten steigender Schülerzahlen schlichtweg gebraucht.“
Baubürgermeister Michael Stötzer schilderte die anspruchsvolle Aufgabe der Suche nach neuen Schulstandorten, besonders in den Stadtteilen mit stark wachsenden Schülerzahlen Kaßberg, Schlossberg und Sonnenberg und erklärte, dass gerade für Integrativklassen andere Räume als üblich benötigt würden.
Auch aus dem Publikum gibt es anregende Beiträge, die Gedanken führen über den Lehrermangel, der alle Schulformen betrifft bis hin zur mangelnden Elternbeteiligung. Letztendlich kann nur die Praxis zeigen, wie eine Schulform wie die Gute Schule e.V. mit diesen Problemen umgehen kann. Wie es nicht funktioniert, erleben wir schon – wenn Grundschüler mit dem Schulranzen zum Gewichtheber werden. Das gemeinsame längere Lernen ist sicher ein Modell, welches eine ausgleichende Wirkung auf das Schulsystem und unsere Gesellschaft haben kann – weg vom Leistungsdruck, der unsere Gesellschaft zunehmend beherrscht, hin zu mehr Heterogenität und Toleranz untereinander.