von Volkmar Zschocke
Der Stiftungstag der Kinder- und Jugendstiftung Johanneum ist zu einer festen Institution in Chemnitz geworden und fand heute im Fritz-Theater statt. Mit Christin Furtenbacher und Anna Lanfermann aus der bündnisgrünen Ratsfraktion war ich vor Ort.
Im Mittelpunkt stand ein eindrucksvolles Theaterstück, das Jugendliche in den letzten drei Tagen gemeinsam mit dem Theater entwickelt hatten. Es thematisierte die Unsicherheiten und Bedrohungen, mit denen junge Menschen konfrontiert sind, und zeigte ihren großen Mut, diesen Herausforderungen zu begegnen und neue Wege zu gehen.
Seit nun fast 25 Jahren fördert die Stiftung innovative und zeitgemäße Jugendprojekte und knüpft damit an die Ideale ihres ursprünglichen Gründers, des Chemnitzer Industriellen Karl Christian Hübner, an. Hübner hatte die Stiftung Johanneum am 26. August 1855 mit 30.000 Talern ins Leben gerufen. In der Stiftungsurkunde legte er fest, dass die Mittel für die Erziehung armer und benachteiligter Kinder verwendet werden sollten. Sein modernes Erziehungskonzept orientierte sich an den Prinzipien des “Rauhen Hauses” in Hamburg, das damals als Vorreiter der Jugendfürsorge galt. Diese ganzheitlichen Erziehungsansätze, die auf Liebe, Geduld, familiärer Orientierung, Bildung und beruflicher Integration basierten, setzten für damalige Verhältnisse neue Maßstäbe.
Doch die Geschichte der Stiftung war von dramatischen Rückschlägen geprägt. Die Nationalsozialisten lösten sie auf, und in den 1950er Jahren wurde das Stiftungsvermögen zwangsweise verstaatlicht. Das ehemalige Johanneum in Harthau, später als Geschwister-Scholl-Heim genutzt, verfiel über die Jahrzehnte. Nach der Wende gab es zwar Bemühungen, die Ruine wieder in eine Jugendhilfeeinrichtung umzuwandeln, doch diese scheiterten.
1998 beschloss der Stadtrat schließlich den Verkauf des ehemaligen Johanneums in Harthau. Ich war damals in meiner ersten Legislatur im Stadtrat und auch im Jugendhilfeausschuss und setzte mich dafür ein, den Erlös für die Wiederbelebung von Hübners Stiftung zu verwenden. Mit einem Änderungsantrag zum Verkaufsbeschluss konnten wir sicherstellen, dass der Verkaufserlös nicht im städtischen Haushaltsloch verschwinden darf, sondern in eine neue Stiftung Johanneum fließen muss. Zwei Jahre später, im Jahr 2000, wurde mit diesen Mitteln die “Kinder- und Jugendstiftung Johanneum” als öffentlich-rechtliche Stiftung gegründet. Damit gelang es, das fast ausgelöschte Vermächtnis von Karl Christian Hübner wiederzubeleben und an die lange Tradition der Chemnitzer Wohltätigkeit anzuknüpfen, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht.



Beim heutigen Stiftungstag gab es erneut zahlreiche finanzielle Zustiftungen zum Vermögen der Stiftung und auch Chemnitzer Künstler*innen stellten ihre Werke zur Verfügung. Das unermüdliche ehrenamtliche Engagement des Kuratoriums und die Unterstützung aus der Stadtgesellschaft sind deutliche Zeichen dafür, dass sich die zivilgesellschaftliche Stiftungstradition in Chemnitz wieder etabliert hat. Die Kinder- und Jugendstiftung Johanneum ist jedenfalls aus dem Leben unserer Stadt nicht mehr wegzudenken.