Geschwindigkeitsreduzierung Südring

Sehr geehrter Herr Zschocke,

zu Ihrer Ratsanfrage teile ich Ihnen im Auftrag des Oberbürgermeisters Folgendes mit:

1. Welche Erkenntnisse (Messergebnisse, Beschwerden, Untersuchungen etc.) zu den Lärmemissionen im oben genannten Bereich liegen der Verwaltung vor?

Auszug Strategische Lärmkarte 2017, LDEN Auszug Strategische Lärmkarte 2017, LNIGHT Für den o. g. Bereich liegen die Aussagen der strategischen Lärmkartierung 2017 vor, die für das am meisten exponierte Gebäude Lärmpegel von bis zu 73 dB(A) tags (LDEN) sowie 66 dB(A) nachts enthalten. Entferntere Wohngebäude weisen eine Belastung von > 60 dB(A) tags /> 55 dB(A) nachts auf. Weitere Untersuchungen und Messungen wurden bisher nicht durchgeführt. Es liegt der Verwaltung eine Beschwerde hinsichtlich Lärmbelastung für o. g. Bereich vor.

2. Welche Möglichkeiten der Lärmminderung wurden bisher für diesen Bereich untersucht und mit welchem Ergebnis?

Die Stadtverwaltung Chemnitz hat im Zusammenhang mit dem Lärmaktionsplan für die Stadt Chemnitz, Stufe 2, Maßnahme 8 im Jahr 2015 eine „Schalltechnische Sonderuntersuchung am Südverbund der Stadt Chemnitz zwischen der Markersdorfer Straße und der Straße Usti nad Labem“ in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Untersuchung können sinngemäß auch für den o. g. Bereich übertragen werden. Die Errichtung einer Lärmschutzwand kommt hier jedoch nicht in Betracht kommt. Damit verbleibt die im Gutachten vorgeschlagene Kombination aus dem Einbau lärmarmen Asphalts und einer Geschwindigkeitsreduzierung auf 50 km/h, die zu einer Minderung der Straßenverkehrsgeräusche bis zu 6 dB(A) führen kann.

3. Kann eine Geschwindigkeitsbegrenzung konkret in diesem Bereich des Südverbundes rechtsicher umgesetzt werden bzw. welche Voraussetzungen müssen dafür konkret vorliegen?

Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten, wobei die zwingende Notwendigkeit nach § 45 Abs. 9 StVO festzustellen ist. Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Gründen des Lärmschutzes dürfen nur nach Maßgabe der Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutzrichtlinien – StV) angeordnet werden. Straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen kommen danach insbesondere in Betracht, wenn der vom Straßenverkehr herrührende Beurteilungspegel am Immissionsort in reinen und allgemeinen Wohngebieten 70 dB (A) tags und 60 dB (A) nachts überschreitet. Sie sollen zudem kein Ersatz für technisch mögliche und finanziell tragbare bauliche Maßnahmen (hier z. B. der Einbau von lärmarmen Fahrbahndecken) sein, sondern in ein Konzept zur Lärmbekämpfung eingebunden werden.

Zur Ermittlung der Beurteilungspegel ist zunächst vom Straßenbaulastträger eine Lärmberechnung gemäß der Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen – RLS-90 durchzuführen, da die Ergebnisse der strategischen Lärmkartierung keine Rechtsgrundlage für straßenverkehrsrechtli-che Anordnungen darstellen. Sofern eine Überschreitung der maßgebenden Immissionsgrenzwerte festzustellen ist, sind vor Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung andere bauliche Maßnahmen zu prüfen.

4. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, um perspektivisch die zulässige Höchstge-schwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h gleichmäßig für den gesamten Südverbund zwischen Augustusburger Straße und Neefestraße festzusetzen bzw. welche rechtlichen und sonstigen Argumente sprechen dagegen?

Der Südring wurde als anbaufreie Umfahrungsstraße zur Verkehrsentlastung für weite Teile des Stadtgebietes angelegt. Ausgehend von der maßgebenden Verbindungsfunktion wurden den damaligen Kriterien entsprechend Entwurfsgeschwindigkeit und damit die Ausbauparameter wie der 4-streifige Straßenquerschnitt und die fahrdynamisch orientierte Linienführung ausgewählt. Auf diese Straßencharakteristik ist die derzeit zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h abgestimmt.

Auf Grund der Netz-, Transport- und Entlastungsfunktion hat auf dem Südring das Interesse des fließenden Verkehrs besonderes Gewicht. Nur wenn möglichst wenige Beschränkungen vorhanden sind, kann er seine Aufgabe, dichten Verkehr zügig zu ermöglichen, erfüllen. Beschränkungen insbesondere im fließenden Verkehr dürfen auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 StVO in Verbindung mit § 45 Abs. 9 StVO nur angeordnet werden, wenn auf Grund der be-sonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer

Beeinträchtigung der in § 45 StVO geschützten Rechtsgüter (insbesondere Leben und Ge-sundheit von Verkehrsteilnehmern) erheblich übersteigt. Bei Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen muss im Einzelfall der Gesundheitsschutz der Anwohner gegenüber der besonderen Verkehrsfunktion der Straße im öffentlichen Interesse abgewogen werden. Es muss auch berücksichtigt werden, dass durch Verkehrseinschränkungen ungewollte Verlagerungen vom Straßenhauptnetz auf das Straßen-nebennetz erfolgen können und die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs wesentlich eingeschränkt wird. Das wirkt sich wiederum auf die Sicherheit des Verkehrs aus.

Dennoch muss aber vor dem Hintergrund steigender Verkehrsbelastungen den Ansprüchen betroffener Anwohner in Bezug auf eine Verbesserung der Wohn- und Aufenthaltsqualität im unmittelbaren Umfeld des Südrings angemessen Rechnung getragen werden. Hierzu bedarf es einer differenzierten Betrachtung der kritischen Abschnitte entlang des Süd-rings insbesondere in Bezug auf die tatsächliche Bewertung der Lärmsituation und dem daraus konkret ableitbaren Handlungsbedarf

5. Wie kann der Gleichbehandlungsgrundsatz beim Lärmschutz für Anwohnerinnen und Anwohner im Bereich des Südrings umgesetzt werden bzw. ab wann kann dies nicht mehr rechtsicher als Begründung für Lärmschutzmaßnahmen herangezogen werden?

Der verwaltungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet die Straßenverkehrsbehörde gleiche Sachverhalte, die den Lärmschutz gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO betreffen, nach den gesetzlichen Vorschriften (Lärmschutzrichtlinien – StV) gleich zu behandeln. Die Missachtung des Grundsatzes führt zur Ungleichbehandlung und damit zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung. Die im Gutachten (Punkt 1) vorgeschlagene Kombination aus dem Einbau lärmarmen Asphalts und einer Geschwindigkeitsreduzierung auf 50 km/h wurde im Abschnitt Südring zwischen Helbersdorfer Straße und Straße Usti nad Labem umgesetzt.

In Anbetracht der im Bereich Brücke Annaberger Straße vorliegenden baulichen Defizite hinsichtlich der Fahrbahndecke (kein lärmarmer Asphalt) kann hier nicht von vergleichbaren Vo-raussetzungen ausgegangen werden. Des Weiteren befinden sich mehrere betroffene Lichtsignalanlagen im nun zu betrachteten Bereich im Unterschied zum Abschnitt zwischen Helbersdorfer Straße und Straße Usti nad Labem, die signaltechnisch angepasst werden müssten. Dies betrifft im Wesentlichen die Anpassung von Grünen Wellen auf das geänderte Geschwindigkeitsniveau und die Umprogrammierung/ Neuversorgung von Lichtsignalanlagen zur notwendigen Anpassung der Gelbzeiten. Die für die Umstellung benötigten hohen finanziellen Mittel (35 – 40 T€) müssten im Haushalt zur Verfügung gestellt werden.

Freundliche Grüße

Michael Stötzer

Bürgermeister

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